Mutter M. Clara Pfänder und ihre Kongregation:
Das Mutterhaus in Salzkotten mit der Mutterhauskirche.
Im Jahre 1859/60 gründet Schwester Clara Pfänder aus Hallenberg – zusammen mit zwei gleichgesinnten jungen Olper Frauen, Regina Löser und Aline Bonzel – die Kongregation der Franziskanerinnen, Töchter der hl. Herzen Jesu und Mariä, und zwar in Olpe. Theresia Pfänder, die 1850 bei den Schwestern der Christlichen Liebe eintrat, dort den Namen Sr. Clara erhielt, ist nach einem langen Unterscheidungsprozess zu der Entscheidung gekommen, die Schwestern der Christlichen Liebe wieder zu verlassen und eine eigene Kongregation zu gründen. Sie fühlt sich berufen, auf diese Weise das kontemplative und aktive Leben besser miteinander zu verbinden, und zwar durch das fortwährende Gebet für die Nöte in Kirche und Welt und sich der Armen, vor allem der Waisenkinder, anzunehmen.
Der Bischof von Paderborn, Konrad Martin, unterstützt diesen Neubeginn und bestätigt am 30. Oktober 1860 die von Sr. Clara selbst erarbeiteten Gründungskonstitutionen, denen die Regel des Regulierten Dritten Ordens des hl. Franziskus vorangestellt ist; er gibt der jungen Gemeinschaft den Namen „Schwestern des hl. Franziskus, Töchter der hl. Herzen Jesu und Mariä.“
Die Pfarrkirche in Olpe zur Zeit Mutter M. Clara Pfänders.
Die erste Einkleidung findet am 20. Dezember 1860 in der Pfarrkirche von Olpe statt. Während dieser Feier gibt Dechant Josef Gördes den jungen Schwestern das Wort aus der Apostelgeschichte mit auf den Weg: „Überlasset alles Gott! Ist das Werk von Gott, so wird es bestehen, ist es aber nicht von Gott, so wird es von selbst untergehen“ (Apg. 5, 38b-39a). Anschließend wird aus Sr. Clara – durch die Ernennung als Oberin – „Mutter M. Clara“, und aus Aline Bonzel, jetzt „Sr. M. Theresia“, die Assistentin. – Am folgenden Tag wird mit der Anbetung des eucharistischen Herrn begonnen, und Mutter M. Clara verspricht im Namen der Schwestern:
„Nie – solange das Werk besteht – soll dieser Dienst vor dem Allerheiligsten ein Ende finden!“
Von Anfang an erfreut sich die junge Gemeinschaft regen Zuspruchs: Schnell schließen sich junge interessierte Frauen an; Waisenkinder werden aufgenommen, so dass die Schwestern in Olpe zunächst „Waisenschwestern“ genannt werden. – Bald folgen die Schwestern auch Bitten, sich armer Kranker anzunehmen; unangenehme Auseinandersetzungen mit den dort bereits wirkenden Vinzentinerinnen können nicht ausbleiben; diese und weitere Irritationen führen zu der Frage: „Ist Olpe der richtige Ort?“ So wird, vor allem auf Drängen von Bischof Konrad Martin, das Mutterhaus am Fest des hl. Josef, 19. März 1863, von Olpe nach Salzkotten verlegt. – Am 20. Juli 1863 verselbstständigt Bischof Konrad Martin die in Olpe zurückgebliebene kleine Kommunität und erkennt sie am 6. Juli 1865 als Kongregation der „Armen Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung“ an. So sind aus einer Wurzel zwei franziskanische Kongregationen entstanden.
Erstes Mutterhaus in Salzkotten im Frühjahr 1863.
In Salzkotten blüht die Kongregation schnell auf: Viele junge Frauen treten in die Gemeinschaft ein. Bitten um Hilfe in der Krankenpflege und in der Erziehung von Kindern und Jugendlichen führen zur Gründung von Filialen in Westfalen, dem Rheinland, im Oldenburger Land und im Emsland. Mit den Antworten auf den Ruf zu Lazarettdiensten während des Preußisch-Österreichischen Krieges 1866 in Böhmen sowie während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 eröffnen sich neue Wege.
Bald nach der Gründung des Deutschen Reiches am 18. Januar 1871 beginnt in Deutschland der so genannte Kulturkampf [1870-1887] zwischen dem Staat und der katholischen Kirche, am heftigsten in Preußen. Die direkten Ursachen des Konflikts liegen in der Gründung der Zentrumspartei, die Reichskanzler Otto von Bismarck fälschlich als Staatsfeind betrachtet, und in den Streitigkeiten um das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes. Hintergrund ist die Auseinandersetzung des bürgerlich-liberalen Staates mit den restaurativen Tendenzen von Kirche und nationalen Katholizismen, insbesondere auf den Gebieten von Erziehung, Zivilstand und Schule.
Mitbedingt durch den Kulturkampf, als den Ordensleuten die Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen untersagt wird, kommt es zu Gründungen über Landesgrenzen hinaus, und zwar 1871 in Lothringen, 1872 in den USA und 1874/75 in den Niederlanden. Damit hat Mutter M. Clara den Grund gelegt für eine internationale Kongregation.
Diese Sendung über die Grenzen von Ländern und Kulturen hinaus ist etwas Kostbares. So sind die Schwestern weiteren Rufen aus anderen Ländern gefolgt, und zwar 1930 nach Indonesien; 1963 nach Brasilien; 1984 nach Malawi/Afrika; 1990 nach Ost-Timor; 1991 nach Rumänien (in den 1930er Jahren waren sie bereits in der sog. Bukowina [heute Ukraine]; über längere Zeit wirkten Schwestern auch in den Missionsgebieten von Pakistan, Togo und Nigeria. Mit Suriname in Südamerika ist seit 2021 ein weiterer Neuanfang hinzugekommen. Darüber hinaus kam mit einer neuen Kommunität in Dowa / Malawi ein zweiter Ort in dem ostafrikanischen Land hinzu.
Das Generalat befindet sich seit 1967 in Rom.
Kulturkampf: Bischof Konrad Martin wurde im August 1874 inhaftiert und im Januar 1875 von der Regierung abgesetzt.
Mutter M. Clara: In der schwierigen Situation des Kulturkampfes erhält die Gründerin von Bischof Konrad Martin, der im August 1874 inhaftiert und im Januar 1875 von der Regierung abgesetzt wird, am 9. Januar 1875 verschiedene Vollmachten, im Notfall Postulantinnen aufzunehmen, Schwestern einzukleiden, Gelübde entgegenzunehmen etc. Als sie davon Gebrauch macht – sie ist zu absolutem Stillschweigen gegenüber jedermann verpflichtet -, kommt es zu Zerwürfnissen mit den Diözesan-Verwaltern in Paderborn. Wegen anmaßenden Verhaltens legt Mutter M. Clara auf deren Drängen im Juni 1880 – im Ruf der Exkommunikation – die Leitung der Kongregation nieder. Sie verlässt das Mutterhaus mit den Worten:
„Ich muss untergehen, aber das Werk wird bestehen.“
[Mutter M. Clara Pfänder, hierzu *].
Die prophetischen Worte von Mutter M. Clara haben sich erfüllt. Überall wissen sich die Schwestern ihrem Erbe verpflichtet, ebenso Koinonia-Geschwister in Deutschland, Weggefährten in den USA und Assoziierte in den Niederlanden, die sich seit längerer Zeit der Kongregation angeschlossen haben. Sie verwirklichen ihren Auftrag in unserer Zeit, gemäß der Weisung der Gründerin, sich offen zu halten für jede Art von Liebeswerken, wozu der Herr Gelegenheit gibt, sei es an Kindern oder Erwachsenen, an Gesunden oder Kranken.
In Anerkennung dieser Wirkungsgeschichte wird im Jahre 2002 in Salzkotten in dem Neubaugebiet Papenbrede eine Straße nach der Gründerin benannt.